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Farb- und Stilberatung für sehbehinderte und blinde Menschen? Aber ja!

Heute gibt es einen Gastbeitrag. Ich habe zusammen mit meiner Kollegin Nicole Dornberger im März ein Seminar für blinde und sehbehinderte Menschen gegeben. Eine wirklich spannende Erfahrung. Nicole hat einen wunderbaren Blogpost dazu veröffentlicht:

Ich liebe meinen Beruf! Als Imageberaterin habe ich einen spannenden Job. Ich stehe immer wieder vor neuen Herausforderungen und erhalte tolle Chancen, interessante Menschen kennenzulernen. So auch als Referentin eines Farb- und Stilworkshops für blinde und sehbehinderte Berufstätige.

Ich gebe zu: Als die Anfrage des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Niedersachsen e.V. (BVN) kam, war ich überrascht. Die Fachgruppe „Bildung und Beruf“ des BVN wollte auf ihrer Fachtagung einen Farb- und Stilworkshop für blinde und sehbehinderte Berufstätige durchführen und suchte dafür eine Imageberaterin.

Im ersten Moment war ich irritiert, weil ich mir die Umsetzung eines derartigen Workshops nicht so recht vorstellen konnte. Beamer-Vortrag – Fehlanzeige. Exemplarische Beratung an einem Modell vor der Gruppe – ebenfalls schlecht möglich. Wie nehmen sehbehinderte Menschen Farben überhaupt war, wie gehen sie mit der Thematik Bekleidung – insbesondere auch im Berufsleben – um?

Für blinde und sehbehinderte Menschen ist es schwierig, Kleidung nach Farbe und Stil zu kombinieren.

Wer keine Farben kennt, weil er noch nie Farben gesehen hat, kann nicht oder nur schwer beurteilen, welche miteinander kombinierbar sind. Welcher Kleidungsstil passt zu mir und wie kombiniere ich verschiedene Stilarten? Welche Kleidung ist für meine Arbeitsbranche die richtige? Fragen, die sich sehbehinderte Menschen genauso stellen wie sehende Menschen auch. Nur das die Umsetzung für sie noch schwieriger alleine zu bewältigen ist, weil der Blick in den Spiegel nicht hilft. Eine Farb- und Stilberatung gibt Antworten und bietet praktische Unterstützung.

Nach einigen Überlegungen, wie es gehen könnte, habe ich die Herausforderung angenommen und als Referentin beim BVN zugesagt. Und bin im Nachhinein sehr froh darüber! Ich habe beeindruckende Menschen kennengelernt, die sich offen und mit Neugier auf das Thema eingelassen haben. Und die mutig und manchmal sogar humorvoll mit ihrem persönlichen Schicksal umgehen. „Wir fallen sowieso schon auf, da wollen wir es nicht noch dadurch tun, dass wir schlecht gekleidet sind!“ war beispielsweise der Kommentar einer Workshop-Teilnehmerin.

Best Practice: Farb- und Stilworkshop beim Blinden- und Sehbehindertenverband

Jeder der rund 20 Teilnehmenden der Fachtagung hat eine persönliche Kurzberatung zu typgerechten Farben und Schnitten bekommen. Bei einer so großen Gruppe und einem Seminartag konnten wir dies nur mit zwei Beraterinnen umsetzen. Und so habe ich mir die Unterstützung meiner Netzwerkkollegin Susanne Niermann (Link die Stilmacher) geholt und wir haben die Teilnehmer zeitweilig parallel einzeln beraten. Nach einer kurzen Einführung zum Thema Business-Bekleidung ging es im ersten Teil um die passenden Farben, im zweiten Teil um Proportionen und Schnittformen.

Es war für uns Beraterinnen eine völlig neue Erfahrung. Üblicherweise macht ein Blick in den Spiegel und auf Mit-Teilnehmer die Wirkung von Farben und Proportionen sichtbar. Dieses Mal haben wir ganz viel in Bildern beschrieben, die Teilnehmenden fühlen und spüren lassen. Alles immer unter den wachsamen Blicken der natürlich auch anwesenden Blindenhunde…

Am Ende hatte jeder Teilnehmer einen Farbpass mit seinen persönlichen Farben und eine Stilmappe mit individuellen Stilempfehlungen (im Nachgang in Braille-Schrift übersetzt) im Gepäck. Beide können beim nächsten Einkauf gezielt als Vorgabe für Begleit- oder Verkaufspersonal genutzt werden.

Ein Gewinn für alle Beteiligten

Sich auf etwas Neues einzulassen und Berührungsängste zu überwinden, war für alle Beteiligten ein echter Gewinn.

  •  Für uns Beraterinnen, die für den Mut, ungewöhnliche Beratungsprojekte anzugehen, mit inspirierenden menschlichen Begegnungen belohnt wurden.
  • Für die sehbehinderten und blinden Workshop-Teilnehmenden, die mit einer Farb- und Stilberatung Antworten auf ihre Fragen zur Kombinierbarkeit von Farbe und Stil bekommen haben. Und damit ein Stück persönliche Unabhängigkeit gewonnen haben.

In meinem nächsten Blogartikel führe ich ein Interview mit Nina-Jasmin Mangelsdorf, Mitglied der Fachgruppe „Bildung und Beruf“ Niedersachsen/Bremen des BVN. Als Mit-Initiatorin unseres Farb- und Stilworkshops für Blinde verrät sie uns, warum das Thema Farb- und Stilberatung auch – oder gerade – für blinde und sehbehinderte Menschen relevant ist und vor welchen Herausforderungen sie im Umgang mit Kleidung im Alltag stehen.

Freuen Sie sich darauf!
Nicole Dornberger

Danke liebe Nicole für den Beitrag. Es hat viel Spaß gemacht mit Dir!

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